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Kann man das Kreis-Meister-Konzept auch für die Doppellongenarbeit verwenden?

Ein Gastbeitrag von Sabrina Möller von Kutschfahrten Baden-Baden

Diese Frage stellte sich mir relativ schnell, nachdem ich das Kreisi beim Reiten ausprobiert hatte und total begeistert von den AHA-Effekten war. Da ich mit meinen Fahrpferden sehr viel Doppellongenarbeit mache, wurde das natürlich relativ schnell ausprobiert und es gibt eine klare Antwort auf die Frage:

Ja das funktioniert! Und zwar ziemlich gut!

Doch erst mal zurück zum Anfang. Dass das Kreisi auch für Bodenarbeit zu nutzen ist, wurde von Tine ja schon häufig erklärt. Was für einen Sinn ergibt es aber im Kreisi zusätzlich eine Doppellonge zu verwenden im Vergleich zu einer einfachen Longe oder einem Bodenarbeitsseil?

Der klare Vorteil der Doppellonge ist die äußere Longe und die gleichmäßige Verschnallung der Longen auf beiden Seiten. Durch die äußere Longe kann man die Schulter des Pferdes sehr viel besser einrahmen und damit kontrollieren als an der einfachen Longe oder dem Bodenarbeitsseil. Durch die gleichmäßige Verschnallung der Longen auf beiden Seiten an den oberen Ringen des Longiergurtes kann man alle Hufschlagfiguren und somit auch die Handwechsel flüssig longieren, ohne die Arbeit unterbrechen zu müssen, um das Pferd auf die andere Hand zu bringen. Man kann mit den beiden Longen vom Boden aus nahezu agieren wie beim Reiten. Nicht umsonst sagen viele, Doppellongenarbeit ist wie Reiten vom Boden aus.

Doch welche Übungen aus dem Kreisi sind denn überhaupt möglich an der Doppellonge?

Es sind tatsächlich alle Übungen des Kreisis in irgendeiner Form mit der Doppellonge umsetzbar. Das Longieren der verschiedenen Kreislinien und die Volten nach außen von der Kreislinie aus haben sicherlich Einige schon erwartet, aber es ist tatsächlich auch möglich Vor- und Hinterhandwendungen, Vor- und Hinterhandfächer, Viereck verkleinern und vergrößern, Schenkelweichen, Schaukel, Slalom und natürlich alle Kombinationen daraus mit der Doppellonge umzusetzen.

Natürlich haben die einzelnen Übungen verschiedene Anforderungen an den Longenführer, genauso wie beim Reiten auch an den Reiter. Wenn man die Doppellonge bisher alleine über die Longen und die Peitsche bedient hat, wird es nicht ganz so einfach die Übungen auszuführen. Ein großer Anteil am Gelingen der meisten Übungen hat tatsächlich die Körpersprache, die geschickt in die Doppellongenarbeit mit eingebunden werden muss. Es ist außerdem sehr wichtig, dass man die Doppellonge mit sinnvoll aufeinander aufbauenden Doppellongengriffen bedient, da man ansonsten in den kurzen Abständen der verschiedenen Abteile des Kreisis sehr schnell einen Longensalat in den Händen hält.

Probiere es selbst aus

Griffabfolgen für die Doppellongenarbeit

Ich verwende für die Doppellongenarbeit Griffabfolgen aus dem Fahrsport nach der Lehre von Benno von Achenbach. Hierbei gibt es drei grundsätzliche Haltungen. Die Grundhaltung, die Gebrauchshaltung und die Arbeits- und Dressurhaltung. Die Grundhaltung ist, wie der Name schon sagt, die Haltung auf der alles aufbaut. Die Longen sind hierbei immer in der linken Hand und die Peitsche immer in der rechten Hand, auch wenn man auf der rechten Hand longiert. Die linke Longe verläuft immer vom Pferd aus über den Zeigefinger der linken Hand durch die Hand nach unten und die rechte Longe verläuft immer zwischen Mittel- und Ringfinger der linken Hand durch die Hand nach unten hinaus. Die restliche Longe wird in Schlägen aufgerollt zwischen Ring- und kleinem Finger gehalten.

Bei der Gebrauchshaltung setzt sich die rechte Hand in einer bestimmten Weise vor die linke Hand, so dass aus dieser Haltung dann das Longenmaß auf viele verschiedene Arten verändert werden kann und auch die Griffe für die Handwechsel mit verschiedenen Griffabfolgen aus dieser Haltung anzuwenden sind.

Bei der Arbeits- und Dressurhaltung zieht die rechte Hand aus der Gebrauchshaltung ausgehend ein Stück der rechten Longe aus der linken Hand heraus. Dadurch führt man die Longe dann nicht mehr einhändig sondern zweihändig. Diese Haltung ist deshalb für Reiter erstmal die angenehmste, da sie der Zügelführung beim Reiten am nähesten kommt. Für einen Handwechsel muss man aber unbedingt wieder zurück in die Gebrauchshaltung gehen, da man sich ansonsten das Longenmaß durcheinander bringt.

Die Doppellonge und das Kreis-Meister-Konzept

Die Umsetzung der Doppellongenarbeit mit der Anwendung der Körpersprache in Kombination mit den Hilfen der Hand werde ich beispielhaft an der ersten Trainingskarte aus dem Kreisi erklären. Es handelt sich hierbei um die Vorhandwendung. Diese Übung wird von Reitern häufig als total einfach belächelt, aber an der Doppellonge ist die Umsetzung nicht ganz so einfach, da der äußere, verwahrende Schenkel fehlt. Dadurch müssen die restlichen Hilfen, vorallem auch die äußere Longe sehr präzise eingesetzt werden, damit das Pferd nicht nach vorne oder über die Schulter nach außen ausweicht.

Das Kreisi an der Doppellonge erklärt an Übung 1: Die Vorhandwendung

Um die Vorhandwendung auszuführen, ist ein Abstand von zwei bis drei Metern zum Pferd sinnvoll. Man longiert auf den gewünschten Punkt hin und hält das Pferd an diesem Punkt an, entweder in der Mitte des Kreisis oder zwischen den Ufo´s einer Abteillinie. Durch die Markierungen des Kreisis kann man gut überprüfen, ob das Zusammenspiel der Hilfen korrekt ausgeführt wurde, wenn man den anvisierten Punkt genau getroffen hat oder eben nicht. Um das Anhalten genau an diesem Punkt ausführen zu können, ist es wichtig, dass die ganze Parade gut durch halbe Paraden vorbereitet wird. Genau wie beim Reiten sollte sich die halbe Parade auch nicht nur auf den Zug an den Longen beschränken. Um das Pferd sanft zu bremsen begibt man sich aus der Longierposition leicht hinter dem Longiergurt in die Richtung der Schulter des Pferdes, weil der eigene Körper hier eine leicht bremsende Wirkung auf das Pferd hat. Man fährt die eigene Körperspannung herunter, da das Pferd analog auf die Körperspannung des Menschen reagiert und durch die verringerte Energie langsamer wird. Man dreht sich ein bisschen in Richtung Hinterhand des Pferdes. Gleichzeitig gibt man auf beiden Longen Impulse im Takt des Hufschlags, indem man bei einhändiger Longenführung die linke Hand (oder bei beidhändiger Longenführung in Arbeits- und Dressurhaltung beide Händen) etwas schließt. Nach minimaler Reaktion des Pferdes öffnet man die Hand wieder, um sie kurz darauf wieder etwas zu schließen. Diese Abfolge wiederholt man mehrfach vor dem Punkt, an dem man halten möchte.

Wichtig ist, dass bei jeder Hilfe mit der Hand eine kleine Reaktion stattfindet. Sie sollte nicht zu stark sein, wie zum Beispiel, dass der Hals des Pferdes eng wird und der Kopf hinter die Senkrechte kommt oder das Pferd gegen die Hand dagegen stößt. In dem Fall war der Einsatz der Hand zu grob. Es sollte aber in jedem Fall eine kleine Reaktion stattfinden, da die Einwirkung ansonsten zu schwach war und man das Pferd mit mehreren Impulsen ohne Reaktion abstumpfen würde. Man kann sich diesen Vorgang so vorstellen als würde man ein Auto abbremsen. Hier macht man bei einem Tempo von 100 km/h auch nur im absoluten Notfall eine Vollbremsung. Ansonsten schaltet man das Auto Gang für Gang langsam nach unten und bremst nur soviel wie nötig ist, um im nächstniederen Gang zu landen.

Sobald das Pferd am gewünschten Punkt zum Stehen gekommen ist, geht man in Arbeits- und Dressurhaltung, stellt das Pferd minimal nach innen und stellt sich in Höhe der Hinterhand des Pferdes mit der Körperfront frontal auf das Pferd gedreht auf. Um die Hinterhand des Pferdes zu bewegen muss man Energie in diesen Bereich geben. Das macht man, in dem man die eigene Körperenergie mit Richtung auf die Hinterhand des Pferdes steigert bis es eine Reaktion des Pferdes gibt, in Form von seitwärts setzen des Hinterbeins. Die Energie wird gesteigert, in dem man den Blick auf den gewünschten Punkt fokussiert, in dem Fall ungefähr Mitte des Oberschenkels des Pferdes. Wenn das noch nicht reicht, erhöht man die Körperspannung mit Hilfe von einatmen und anheben des Brustbeins bis zu einer leichten Bewegung auf´s Pferd zu, die von der Peitschenhilfe unterstützt werden kann. Sobald das Pferd antritt ist es wichtig die Bewegung bei Bedarf leicht mit der Hand abzufangen, damit die Energie auch wirklich seitwärts geht und nicht vorwärts oder seitlich über die Schulter weg. Dabei ist es wichtig, dass das Abfangen mit der Hand auch wieder nur ein kurzes Schließen der Hand ist, genau in dem Moment, wenn das Pferd das innere Hinterbein anhebt. Danach muss die Hand sofort wieder geöffnet werden. Die Verbindung zum Pferdemaul muss erhalten bleiben auch nach dem Öffnen der Hand.

Wichtig: Pausen für das Pferd einbauen

Wie Tine auch auf der Trainingskarte schreibt, ist es sehr sinnvoll nach zwei Schritten eine kurze Pause einzulegen und für die nächsten Schritte von Neuem zu starten. An der Doppellonge ist diese kleine Pause wahrscheinlich noch wichtiger als unter dem Sattel, da ja wie bereits gesagt der äußere Schenkel fehlt und deshalb die restlichen Hilfen sehr genau eingesetzt werden müssen und das ist kleinschrittig wesentlich einfacher. Am Anfang ist es vielleicht sogar sinnvoll sich mit zwei Schritten zu begnügen und das Pferd wieder aus der Übung zu entlassen, um sie später von Neuem anzusetzen. Für das Lernen des Pferdes ist es wesentlich sinnvoller wenige Schritte korrekt auszuführen, als eine komplette Wendung, die mit jedem Schritt eher schlechter wird.

Durch die Hilfe der konkreten, visuellen Punkte des Kreisis kann man auch an der Doppellonge wunderbar kontrollieren, ob man den eigenen Körper in Kombination mit den restlichen Hilfen richtig einsetzt und die gewünschten Linien dadurch wie geplant einhalten kann. Trifft man die Linien oder Markierungspunkte nicht entsprechend, kann man mit Hilfe des Kreisis ausprobieren, durch welche Veränderung der HIlfengebung die Ausführung verbessert wird und ist dadurch besser in der Lage die eigene Hilfengebung zu reflektieren und zu verbessern.

Probiere es selbst aus

Noch Fragen? Dann gerne fragen!

Liebe Grüße
Eure Sabrina Möller

Von |2022-05-31T10:11:17+02:00Mai 27th, 2022|Besser reiten mit Tine, Kreis-Meister-Konzept|0 Kommentare

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