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Die glücklichsten Pferde der Welt

Reiten im Urlaub ist grundsätzlich eine sehr grenzwertige Sache. Egal in welchem Land, und egal ob es sich bei den Reittieren um Pferde, Esel, Kamele oder Elefanten handelt. In den allermeisten Fällen leiden die Tiere unter dem „Urlaubsvergnügen“. Das Equipment ist alt, hart oder unpassend, die Touristen haben vom Reiten keine Ahnung und lassen sich wie Mehlsäcke tragen, dicke Menschen sitzen auf den Rücken von unterernährten Tieren oder viele Menschen auf dem Rücken eines einzelnen Elefanten oder Kamels. Zur eigenen Belustigung, als exotisches Highlight, dass man auf Fotos der Welt zeigen kann oder schlicht aus Faulheit. Deswegen reite ich im Urlaub nie. Nie, nie, nie.

In Afrika habe ich schweren Herzens und mit viel Magengrummeln eine Ausnahme gemacht.

Wie es dazu kam, dass ich in Afrika trotzdem geritten bin

Seit ich ein kleines Kind bin, träume ich von Afrika. Ich bin mit Legenden wie dem Tierfilmer Heinz Sielmann und dem Tiermediziner und Verhaltensforscher Bernhard Grzimek aufgewachsen und habe Dokumentationen wie „Serengeti darf nicht sterben“, „Kein Platz für wilde Tiere“ und die „Expeditionen ins Tierreich“ wieder und wieder verschlungen und ich träumte davon, das alles irgendwann einmal live erleben zu können. Zu einer Zeit, in der das Internet nicht mal in den kühnsten Vorstellungen der Menschen existierte, die Globalisierung noch Jahrzehnte entfernt war und der jährliche Urlaub regelmäßig an die Ostsee ging, war die Chance, eines Tages Afrika besuchen zu können, allerdings so unfassbar weit entfernt, dass mir dazu nicht mal ein passender Vergleich einfällt.

Afrika war seit diesen Kindertagen der Kontinent, der die größte Faszination auf mich ausübte. Die unfassbare Weite des Landes, die wilde und so artenreiche Tierwelt, der rote Boden, die Hitze, die malerischsten Sonnenunter- und -aufgänge und die absolute Fremdartigkeit der Menschen, haben in all den Jahren nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.

Mit dem Besuch der Maasai Mara in Kenia dieses Jahr wurde mein Traum endlich Wirklichkeit.

Die Möglichkeit, all das „in echt“ zu sehen, was ich bisher nur vom Fernsehen kannte, stellte mich aber tatsächlich vor ein Problem: Wie kann ich das alles erleben, ohne ein Störfaktor zu sein? Die Natur zu erleben, ohne ihr Gleichgewicht zu gefährden. Ein echter Teil davon sein? Wie kann es gelingen, das möglichst „echte“ wild live kennenzulernen und eben nicht die Touristenvariante. Ich habe Bilder von Kolonnen von Jeeps gesehen, die durch die Nationalparks fahren, um die Menschen so nah wie möglich an die Tiere heranbringen zu können. Also eigentlich wie ein Drive-in-Zoo. Das war für mich keine Option.

Ich wusste aber, dass man Reit-Safaris machen kann. Das wäre grundsätzlich die perfekte und sanfte Möglichkeit, die Safari so zu erleben, wie ich es mir wünschen würde. Wenn nur die Sache mit dem Reiten nicht wäre….

Also hatte ich eine Entscheidung zu treffen: „Doch reiten im Urlaub? So ganz gegen meine Prinzipien?“

Glücklicherweise wurde mir von Judit der Reit-Safari-Anbieter „ride maasai mara“ empfohlen. Ein Pferdestall, geführt von ihrer Freundin, der deutschen Pferdewirtin Nadine Ospelkaus, die wirklich sehr viel Wert auf das Wohlergehen ihrer Tiere legt und Judit versicherte mir, dass ich meine Bedenken einfach über Bord werfen könnte. Nachdem ich auch Vivian davon überzeugt hatte, dass wir es mit dem Reiten doch mal versuchen sollten – was ein hartes Stück Arbeit war und ich bin mir immer noch sicher, sie hat nur mir zuliebe nachgegeben, da ihre Prinzipien die gleichen sind wie meine – war die Sache abgemacht: Wir machen eine Reitsafari.

Am Samstag, dem 19.11. war es dann endlich so weit. Wir wurden morgens um 6:00 Uhr von John Ekalale, Nadines Mitarbeiter an unserer Lodge abgeholt und mit dem Jeep ging es dann zum Stall. Dort angekommen, bekamen wir zunächst eine Führung durch das Wohnzimmer der Pferde. Und es war wirklich so wunderschön, gemütlich und liebevoll konzipiert wie ein Wohnzimmer. Inklusive der Glitzer-Kristall-Discokugel unterm Stalldach. Die Pferde von Nadine leben in einem Offenstall. Dort herrscht ein wunderbares Klima, es gibt Heu off Limits, immer frisches Wasser, ausreichend Ruhezonen, Salzlecksteine, Trennelemente, die die Laufwege vorgeben und Rückzugsorte garantieren und jede Menge wohlduftendes Stroh als Einstreu in den Liegeflächen.

Alles hier auf diesem fernen Kontinent, auf dem wir bereits auch exakt das Gegenteil der Pferdehaltung kennengelernt hatten, entsprach absolut einem gehobenen deutschen Standard, so wie wir ihn von zu Hause kennen und wo sich so mancher Pensionsstall durchaus eine Scheibe von abschneiden kann. John, der heute unser Guide war, da Nadine tatsächlich in Deutschland war, erzählte uns die Geschichte von jedem Pferd und ich glaube, ich muss niemandem von euch erklären, wie sich Menschen anhören, die lieben, was sie tun. In jedem Satz, den John sagte, schwang der tiefe Respekt für seine Pferde mit und sein Wissen war weit über dem Level der Menschen, die wir auf unserer großen Abenteuerreise bisher getroffen hatten. Er ist ein Pferdemensch durch und durch und betonte, dass es klare Regeln gibt, wer reiten darf und wer nicht. Jeder muss im Vorfeld einen Fragebogen zu seinen Reitfähigkeiten ausfüllen und wer schwerer ist als 90 kg darf schon mal gar nicht aufs Pferd. Selbst wenn ich noch einen Hauch Zweifel hegte, ob unsere Entscheidung zu reiten richtig sei, dann wurden sie exakt jetzt in alle Winde zerstreut.

In der Sattelkammer hingen wunderbar gepflegte Markensättel, weiche Sattelgurte, Trensen ohne Sperrriemen und mit maulfreundlichen Gummigebissen, falls doch mal eine Touristenhand etwas ungeschickt sein sollte. Zudem gab es eine große Auswahl an Reitkappen und Chaps in den unterschiedlichsten Größen, sodass jeder Gast perfekt gerüstet in den Ausritt starten kann. Und nachdem wir das jeweils passende Equipment gefunden hatten, ging es auch für uns los. Auf Safari!

N´Dovu

Jeder Mensch hat so seine Macken, die für andere einfach nicht nachvollziehbar sind und auch ich gönne mir die ein oder andere. Z. B. ist meine große Sorge, dass ich zu schwer bin für die Pferde. Das mag meiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Trageerschöpfung geschuldet sein, jedenfalls fühle ich mich auf kleinen oder dünnen Pferden total unwohl. Je größer und stärker sie sind, umso besser – wie man an Otscho und dem Rest meiner Jungs unschwer erkennen kann. 😉

Da Judith die Pferde von Nadine kannte, hatte sie mir schon im Vorhinein erzählt, welche Rassen man in Nadins Pferden finden kann. Shire Horse x Friese z. B. oder Percheron. Und da hüpfte mein Herz. Auf ein Percheron kann ich mich für mehrere Stunden setzen, ohne mich mies zu fühlen. Ich hoffte von ganzem Herzen, dass dieses Pferd für unseren Ausritt eingeplant war.

Er war es und mein Glück war perfekt, als ich ihn mir als „mein“ Pferd aussuchen durfte! N´Dovu, was Elefant bedeutet, war ein Schimmel von prächtigem Ausmaß, der zudem noch aussah wie Otschos Bruder. Ich war megahappy und so konnte es losgehen.

Wenn Träume wahr werden

Was nun folgte, waren drei der wundervollsten, aufregendsten und spannendsten Stunden meines Lebens. Ich hätte niemals zu träumen gewagt, was wir dort erleben durften. John ist ein ausgezeichneter Guide und kann die Natur lesen wie kein Zweiter. So wanderten wir mit Zebras und Giraffen, denn die Tiere empfinden die Pferde überhaupt nicht als gefährlich und verhielten sich in unserer Gegenwart völlig entspannt. Abseits aller ausgetretenen Pfade durchquerten wir Flusstäler, schlugen uns durch wildes Dickicht und galoppierten über die weiten Flächen dieser wunderschönen Landschaft. Mein wunderbarer großer Schimmel bewies sich dabei als absolute Lebensversicherung und kletterte steile Hänge genauso konzentriert und trittsicher herab, wie er sich danach elegant auf allerschmalsten Wildwechseln durch die Büsche schlängelte. Dabei sahen wir Hyänen, Schakale und Warzenschweine mit beeindruckenden Hauern direkt neben uns. Über uns kreisten Schlangenadler und Geier und eine grüne Mamba schlängelte sich durchs Steppengras.

Der absolute Höhepunkt war aber eine Leopardenmama mit ihren zwei Jungen, die wir in maximal 5 Metern Entfernung in einem Flussbett beim Trinken beobachten konnten. Mein Herz stand abwechselnd still vor Angst oder raste vor Aufregung und ich traute mich kaum zu atmen, besonders als die schöne Raubkatze ein paar Schritte in unserer Richtung kam. N´Dovu nahm es aber mit allergrößter Gelassenheit und John sowieso. Diese Begegnung gehört zu den absoluten Spitzenmomenten in meinem Leben und teilt sich Platz eins mit einem Dschungeltrip in Nepal, bei der eine ausgewachsenen Königskobra 10 cm hinter meinen Füßen die „Straßenseite“ wechselte.

Inmitten dieser außergewöhnlichen Landschaft hätte ich noch Stunden zubringen können. Das Licht, die Geräuschkulisse und der Duft des Landes – alles war so viel besser, als ich es mir je hätte vorstellen können.

Natürlich geht alles Schöne einmal zu Ende und so kamen auch wir an unserem Zielpunkt an: Ein extra für uns hergerichteter Frühstücksplatz mitten in der Wildnis, wo ein köstliches Frühstück auf uns wartete. Inklusive Champagner.

Freiheit als höchstes Gut

Und obwohl man es kaum glauben mag, das Beste kommt erst noch! Als wir nämlich fragten, ob wir die Pferde absatteln und tränken sollen und wer sie nach Hause bringt (wir waren ja, wie gesagt, mehrere Stunden entfernt vom Stall), da sagte John tatsächlich: „Just take everything of, they walk home by themselves.“ Ich glaube ich habe noch nie so große Augen gemacht und natürlich dachte ich, ich hätte mich verhört. Hatte ich aber nicht und nachdem wir unsere wunderbaren Pferde von allem Equipment befreit hatten, begann die Vierergruppe völlig entspannt nach Hause zu trotten. Quer durch die Wildnis Kenias. Ich habe noch nie etwas Schöneres und Friedlicheres erleben dürfen, als diese Pferde, die in unfassbarer Freiheit ihres Weges gingen. Instinktiv steuern sie durch dieses weite Land in Richtung ihres Zuhauses. Sie sind tatsächlich ein Teil davon und genießen eine Freiheit, die für uns hier unvorstellbar ist, für mich aber zu der Königsklasse von allem gehört, was ich je gesehen habe. John versicherte uns, dass die Wildtiere kein Interesse an den Pferden haben, denn erstens sind sie zu groß, zu schnell und sie treten zu fest.

Der Grund, warum die Pferde ihren Weg so selbstverständlich durch die Wildnis suchten, ist der, dass am Stall von Nadine und John die Tore des Paddocks immer offen sind. Die Pferde können jederzeit raus und wieder rein. Sie leben frei und genießen zusätzlich das all-inklusive-Paket in ihrem Offenstall. Auch heute, fast 2 Monate nach diesem Abenteuer, bin ich immer noch fest davon überzeugt, dass ich bei John und Nadine in Kenia die glücklichsten Pferde der Welt kennengelernt habe.

Die Menschen, die hinter Ride Maasai Mara stehen, schaffen das nahezu Unmögliche: Sie kreieren ein artgerechtes Umfeld und großartige Bedingungen für ihre Pferde, sodass der Reit-Tourismus keinen faden Beigeschmack erhält, sondern ein absolutes Vergnügen ist, bei dem alle – die Pferde und die Menschen – voll auf ihre Kosten kommen.

Ich bin mir absolut sicher, dass ich nicht das letzte Mal zu Besuch in diesem Pferdeparadies war und ich freue mich schon jetzt auf das nächste Abenteuer mit „meinen“ Buddie N´Dovu.

Mein allergrößter Dank geht an John und an den sensationellen N´Dovu für diesen einmaligen Tag, den ich nie und nimmer vergessen werde!

Alle Infos zu Nadine, John und ihren Pferden findet ihr hier:

Liebe Grüße
Eure Tine


Und wie immer gilt: Fragen? Trau dich zu fragen! Ich bin ziemlich nett. ;-)

Von |2023-01-24T16:04:20+01:00Januar 11th, 2023|Besser reiten mit Tine, Kreis-Meister-Konzept|0 Kommentare

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