Die Reitproblem-Challenge – Tag 2
Heute geht’s um die zweite Stufe meines Problem-Lösungs-Plans. Die Zerlegung des Problems in einzelne Phasen, über die wir gestern gesprochen haben, hilft uns heute, eine sehr gute Analyse vornehmen zu können. Und genauso heißt diese Stufe auch.
Mein Drei-Stufenplan zur Lösung von Reitproblemen
Stufe 2. Die Analyse: Wo kommt`s her?
In dieser Phase versuche ich alle in Stufe 1 genannten Problembestandteile zu ihrer Ursache zurück zu verfolgen. Das macht deutlich mehr Spaß als die Arbeit von gestern, denn es ist ja nun nicht so schön, sich nur mit seinen Problemen zu beschäftigen. Jetzt wird es schon richtig toll, denn bei der Analyse stellt sich ganz oft heraus, dass viele Problembestandteile einer einzigen Ursache zugeordnet werden können.
Wir bleiben natürlich bei unserem Beispiel von gestern, den holprigen Galopp-Trab-Übergängen und wir analysieren die vier Problembestandteile von gestern in der gleichen Reihenfolge.
Problembestandteil 1: Hier geht es um mich und meine Körperhaltung auf dem Pferd. Anstatt eine gescheite und gefühlvolle Hilfe zu geben und meinen Körper mit den Bewegungsablauf des Pferdes verschmelzen zu lassen, habe ich allein durch den Gedanken an den Trab meinen eigenen Muskeltonus unbewusst so plötzlich verändert, dass auch die Antwort meines Pferdes prompt und extrem ausfällt. Er spiegelt das, was ich ihm im Sattel vormache. Hier sind wir ganz klar im Thema Haltung und Hilfengebung.
Problembestandteil 2: Hier geht es um schlecht gemanagte Energie. Ich habe den Weg vom Galopp zum Trab nicht gut vorbereitet. Auch hier hilft ein Autofahrerbeispiel: Wenn ich von 100 km/h auf 60 km/h reduzieren möchte, dann haue ich ja wohl kaum einfach die Bremse rein. Nein, ich bereite meinen Bremsvorgang sachte vor, weil ich sonst mit der Nase an der Windschutzscheibe klebe. Und genauso muss ich das auch beim Reiten tun. Je besser mein Pferd ausbegildet ist, umso kürzer wird dieser Bremsweg, aber gerade bei jungen oder nicht so weit ausgebildeten Pferden braucht es eine gewisse Strecke, auf der das Pferd Zeit hat, seine Bewegungsenergie zu drosseln und seinen Körperschwerpunkt minimal nach hinten zu verlagern, damit es eben nicht volle Kraft voraus in den Trab hinein brummt. Hier geht es also um eine nicht oder wenig ausgebildete Versammlungsfähigkeit (zumindest augenscheinlich, aber diesen Punkt beleuchten wir morgen mal etwas intensiver ;-) )
Das Prinzip könnt ihr mal in einem kleine Selbsttest bei euch ausprobieren: Ihr joggt in einem gemütlichen Tempo. Dann legt ihr an Tempo zu. Wie setzt ihr dabei euren Oberkörper ein? Verändert sich seine Position? Und nun verlangsamt ihr euren Sprint wieder. Wie setzt ihr euren Oberkörper diesmal ein? Die Auflösung dazu verrate ich euch morgen, aber eines ist ja wohl sonnenklar: hier sind wir ganz klar im Thema funktionelle Anatomie und Biomechanik.
Problembestandteil 3: Hier befinden wir uns in einer „Wer ist die Henne und wer ist das Ei“ Situation. Klar können wir sagen, das Pferd ist fest in den Übergang gepoltert, also kann ich nicht sitzen. Da wir aber schon bei Punkt 1 festgestellt haben, dass die Ursache allen Übels meine nicht so ganz optimale Haltung und Hilfengebung war, wäre es ja sehr unfair, den schwarzen Peter nun allein dem Pferd und seinem festen Rücken zuzuschieben. Also geht auch das hier auf meine Kappe und eine Verbesserung erreiche ich nur durch eine Verbesserung meiner Einwirkung von oben. Also auch hier Thema Haltung und Hilfengebung.
Problembestandteil 4: Hier fliegt mir alles um die Ohren was in den Punkten 1-3 schief gelaufen ist. Deshalb bin ich mal so kühn und behaupte, wenn ich 1-3 hinbekomme, löst sich 4 in Luft auf.
Das ist übrigens auch eine ganz tolle Sache bei meinem 3-Stufen-Lösungsplan:
Auch wenn eine Problem aus mehreren Problembestandteilen besteht, so gibt es in den allermeisten Fällen eine Hauptursache. Genauso, wie eine Dominoreihe einen ersten Stein hat, der alle anderen zum Umfallen bringt. Wenn ich diese erste Ursache finde, dann ist es ganz häufig so, dass sich Folgeprobleme einfach so in Luft auflösen.
Durch die Analyse habe ich ganz konkrete Themenbereiche definiert, die ich mir nun in der Praxis vornehmen kann um nach einem Lösungsansatz zu suchen. Um in Stufe 2 gute und erfolgversprechende Ergebnisse zu bekommen, brauche ich Wissen. Je mehr ich in funktioneller Anatomie von Pferd und Reiter weiß, umso effektiver wird meine Analyse sein.
Eure Hausaufgabe für morgen ist also klar: ihr versucht mal, jedem einzelnen eurer Problembestandteile eine Ursache zuzuordnen. Ich bin megagespannt, was ihr alles schlußfolgert und wenn ihr irgendwo nicht weiterkommt, dann schreibt mir doch einfach.
Anhand der Ergebnisse aus der Analyse-Phase, plane ich dann im letzten Schritt die Stufe 3. Und da geht es logischerweise um Lösungswege. Und dazu lesen/hören wir uns morgen wieder.