Endlich entspannt galoppieren –
erarbeite dir deine Galoppreife!
Galoppieren ist mega, sagen die einen. Galoppieren ist ätzend, sagen die anderen. Du musst mir gar nicht verraten, zu welcher Gruppe du gehörst – vielleicht ist es ja auch irgendwas dazwischen. Ich möchte heute ein wenig über den Galopp schreiben und darüber, wie du ihn für dich und dein Pferd verbessern kannst – egal wo ihr in der Ausbildung gerade steht.
Zunächst mal ein paar spannende Fakten über die dritte Gangart,
die du dir vielleicht noch nie bewusst gemacht hast.
Der Galopp…
- ist zwar die schnellste Gangart, hat aber einen ruhigeren Takt als der Trab – das ist wichtig für deinen eigene Rhythmus auf dem Pferd.
- synchronisiert Atmung und Bewegung, d.h. jeder Galoppsprung ist gleich einem Atemzug. Das Einatmen erfolgt beim Einspringen in den Galopp und danach bei jeder Einbeinstütze des äußeren Hinterbeins, das Ausatmen erfolgt bei jeder Einbeinstütze des inneren Vorderbeins.
- Wenn ein Pferd im Viertakt oder Vierschlag galoppiert, passiert das, weil die diagonale Fußungsphase von innerem Hinterbein und äußerem Vorderbein gestört ist. Die beiden Hufe fußen nicht mehr gleichzeitig, sondern nacheinander auf. Dies muss nicht zwingend ein Fehler sein. Pferde können so schneller und raumgreifender galoppieren. Bei Rennpferden ist das üblich und wenn`s im Gelände so richtig zur Sache geht, kann es sein, dass auch dein Pferd in den Viertakt wechselt. Alles kein Grund zur Beunruhigung!
- Bei gleichem Tempo sind zwei Kilometer Galopp auf ebener Strecke im Gelände für dein Pferd weniger anstrengend als zwei Kilometer mit Zirkeln und Ecken in der Halle.
- Da die Blutversorgung des Gehirns im Vergleich zum Ruhezustand deutlich sinkt, ist dein Pferd im Galopp viel weniger lernfähig. Nur ca. 2% fließen in die graue Substanz, nahezu 80% versorgen die Muskulatur. Dies hat einen großen Einfluss auf die Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit deines Pferdes.
- Während im Schritt nur rund 55-70 Liter Luft pro Minute durch die Lungen strömen, sind es im Galopp zwischen 1300 und 1600 Litern. Für die Gesundheit von atemwegserkrankten Pferden ist der Galopp (sofern sie körperlich und gesundheitlich dazu in der Lage sind) daher sehr wertvoll.
- Nicht jedes Pferd kann gleichlange (also von der Dauer) galoppieren. Entscheidend hierfür ist neben der Grundkondition die Herzgröße. Pferderassen mit vergleichsweise kleineren Herzen im Verhältnis zur Gesamtkörpermasse wie z. B. Friesen erreichen schneller ihre Leistungsgrenze. Ein Friese wird daher niemals so lange am Stück galoppieren können wie ein Vollblüter, egal wie lange man das trainiert.
Ich finde am spannendsten die Info über die Versorgung des Gehirns. Für mich als Ausbilderin ist das ein ganz entscheidender Punkt, den ich in die Trainingsplanung einfließen lasse. Das bedeutet nämlich nicht nur, dass die Pferde im Galopp weniger Lernkapazitäten haben, sondern auch, dass die Fähigkeit neue Dinge zu verstehen oder noch nicht perfekt automatisierte Abläufe abzurufen sinkt, wenn meine Aufwärmphase zu intensiv war. Neues zu erlernen oder zu festigen, gehört somit an den Beginn einer Einheit, wenn das Pferd noch frisch im Hirn ist. 😉
Probleme mit dem Galopp?
Für gar nicht mal so wenige Menschen und Pferde, ist der Galopp mit erheblichem Stress verbunden. Gerade in der Halle, wo die Anforderungen an das Pferd aufgrund von immer wiederkehrenden Ecken und Biegungen deutlich höher sind. Obwohl es im Trab schon richtig rund läuft, bereitet der Galopp doch deutlich mehr Probleme. Ich habe mal ein paar der häufigsten aufgezählt:
- Das Pferd wirft im Angaloppieren den Kopf hoch und hebt sich mit dem Hals nach oben raus.
- Das Pferd buckelt beim Angaloppieren. Nicht wirklich wild, aber es lupft immer den Po, wenn die Hilfe kommt.
- Das Pferd springt in der Ecke in den Kreuzgalopp oder fällt in den Trab.
- Das Pferd wird auf der Kreislinie fest und schwer auf der Hand, verliert die Biegung und legt sich wie ein Motorrad in die Kurve.
- Das Pferd schwimmt auf der Kreislinie nach außen, bis man mit der Schulter fast die Bande küsst.
- Das Pferd „schaukelt“ sich im Galopp vorwärts, fast ohne Raumgewinn. Mit viel Halseinsatz (deutliches auf und ab) holt es Schwung, springt aber trotzdem nicht nennenswert ins Vorwärts.
- Nach dem Galoppieren ist der Trab über Tempo und das Pferd rennt eigentlich nur noch unter dem Reiter weg.
Sicherlich gibt es noch weiter Möglichkeiten, warum der Galopp für Pferd und Reiter kein Vergnügen ist. Zwei Dinge haben jedoch fast alle Varianten gemeinsam: sie resultieren aus fehlender Gymnastizierung und/oder Kraft und sie erhöhen das Stresslevel bei allen Beteiligten rapide, so dass eigentlich nur der Gedanke an Galopp reicht, um eine gute Einheit in eine blöde zu verwandeln.
Und jetzt die guten Nachrichten:
Wir wollen aber gar nicht so lange bei den negativen Dingen hängen bleiben! Fokus auf das Gute! Und die beste Nachricht für alle, die mit dem Galopp ein wenig auf Kriegsfuß stehen, kommt gleich zu Beginn:
- Galopp wird im Trab verbessert! Um einen schönen und stressfreien Galopp zu entwickeln, musst du keinesfalls viel galoppieren – im Gegenteil. Wer einen schlechten Galopp häufig ausführt, festigt schlechte Bewegungs- und Verhaltensmuster und manifestiert das dazugehörige Stresslevel. Die Vorbereitung für einen guten Galopp findet im Trab statt. Er bietet alles, was ihr braucht, um irgendwann gut gerüstet und stressfrei galoppieren zu können.
- Es sind oft nur Kleinigkeiten, die fehlen oder nicht richtig „installiert“ sind. Auf den Punkt gebracht sind das Schulterkontrolle, Rückentätigkeit und Längsbiegefähigkeit. Wenn diese Dinge vorhanden sind, entsteht im Galopp Losgelassenheit und genau die macht den Galopp richtig super: super zu sitzen, super zu lenken und super zu kontrollieren.
- Für all diese Kleinigkeiten gibt es Übungen. Du kannst also völlig entspannt in kleinen Schritten gemeinsam mit deinem Pferd an eurer Galoppreife arbeiten.
Übungen für einen besseren Galopp
Hier sind z. B. zwei Übungen für eine bessere Schulterkontrolle:
Zickzack-Übertreten auf der Kreislinie
Damit verhilfst du deinem Pferd zu mehr Schulterfreiheit und Unabhängigkeit. Du minimierst die Überlastung auf dem dominanten Vorderbein und erhöhst die Balancefähigkeit deines Pferdes. Egal ob es dann nach außen schwimmt oder nach innen driftet, du kannst jederzeit fein abgestimmt darauf reagieren und wirst dadurch die Ideallinie halten. Wichtig ist hierbei, dass dein Pferd immer gleichzeitig mit der Vorhand und der Hinterhand auf der neuen Linie ankommt.
Hinterhandwendung oder Kurzkehrt
Egal ob aus dem Stand oder aus der Bewegung heraus hilft dir diese Übung die Schulter, sprich die Vorhand deines Pferdes in beide Richtungen bewegen zu können. Ein absolutes Superplus für jede Ausbildung. Wenn ihr das gemeinsam entwickelt – und dabei ist es egal, ob vom Boden oder aus dem Sattel – dann erhöhst du dadurch die Beweglichkeit deines Pferdes, verringerst die ungleiche Lastverteilung auf den Vorderbeinen, verbesserst seine Rumpftragekompetenz, schaffts Voraussetzungen für eine korrekte Längsbiegefähigkeit und verbesserst die grundsätzliche Balance deines Pferdes. Daraus kannst du dann super den Fächer entwickeln.
Du möchtest mehr von diesen Übungen und Tipps?
Dann ist das Kreis-Meister-Konzept für dich genau richtig. Alle Übungen bauen aufeinander auf, du arbeitest dich von leicht zu anspruchsvoll vor und du findest die reiterliche Hilfengebung genau erklärt. Für den Fall, dass etwas nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt hast, werden alle möglichen Fehler einer Übung erklärt, warum das passiert ist und natürlich auch wie und mit welcher anderen Übung du es verbessern kannst. Du bist also nie allein und ratlos, wie du weiterarbeiten sollst.
Wenn du gemeinsam mit deinem Pferd Schritt für Schritt alle Übungen erarbeitet hast, erreicht ihr gemeinsam ganz spielerisch und ohne Stress eure Galoppreife.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Ausprobieren der beiden Übungen!
Ganz liebe Grüße und eine wundervolle Zeit mit deinem Pferd
Deine Tine Hlauscheck
Lust auf mehr?